Glitzerdrachen

2. November 2024

Bildungsgerechtigkeit in Kitas

Immer wieder werden wir gefragt, wieso es uns ein Anliegen ist, die Diversität der Nordstadt auch bei den Glitzerdrachen abzubilden. Expert*innen mahnen seit Jahren an, dass Bildungsungleichheiten bereits in der frühkindlichen Bildung zementiert werden. Zur Einschulung lassen sich basierend auf der sozialen Herkunft starke Unterschiede beispielsweise beim Wortschatz und den sozialen Kompetenzen feststellen - diese Ungleichheiten können im Schulsystem nur noch schwerlich ausgeglichen werden. Dies ist auch ein regelmäßiger Kritikpunkt am deutschen Schulsystem: die Bildungsungerechtigkeit wächst. Der Bildungsstand ist in hohem Maße abhängig von der sozialen Herkunft (vgl Bildungsstudie 2024).

Es ist daher eine klare Empfehlung vorher anzusetzen. Nicht nur die Bildungsstudie zeigt, dass gerade frühkindliche Bildung nicht für alle zugänglich ist.

Der Besuch eines Angebots der Kindertagesbetreuung ist abhängig von familialen Merkmalen, sowohl bei Kindern unter 3 Jahren als auch bei Kindern im Alter von 3 bis unter 6 Jahren (S. 8)

Noch stärker gilt dies für frühkindliche Bildung in guter Qualität, dies zeigt auch eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dafür sind Privatschulen wie Elterninitiativen oftmals ein Paradebeispiel. Oft werden durch diese sozial exklusive Räume geschaffen, in denen privilegierte Familien den eigenen Kindern die bestmöglichen Startchancen verschaffen - während Kinder, die von Mehrfachbenachteiligung betroffen sind, wenn überhaupt noch Plätze in unzureichend ausgestatteten Einrichtungen bleiben. Diese Bildungssegregation verstärkt soziale Ungleichheiten. Dem wollen wir entgegenwirken.

Die Glitzerdrachen sind eine Elterninitiative - durch die Mitarbeit aller Sorgepersonen gibt es Mitgestaltungsmöglichkeiten, gleichzeitig können durch die Auslagerung der Verwaltungsarbeit auf Sorgepersonen besonders gute Personalschlüssel erzielt werden. Damit kann ein Umfeld geschaffen werden, in dem Kindern bedürfnisorientiert begegnet werden kann und sie individuell gefördert werden können. So haben wir beispielsweise seit diesem Jahr eine Pädagogin im Hort, die die Dritt- und Viertklässler*innen gezielt einige Stunden die Woche bei den Hausaufgaben unterstützt. Damit solche Bildungsangebote möglichst vielen verschiedenen Familien aus dem Stadtteil offen steht, haben sich die Glitzerdrachen eine Aufnahme- und Übertrittsordnung gegeben, die möglichst faire Zugangschancen schafft. Wir vergeben Plätze nach den folgenden Kriterien:

  • Wohnort (WBG-Quartier als Positivkriterium)
  • Betreuungsnotwendigkeit (z.B. Berufstätigkeit der Eltern, Sprachförderbedarf, Pflege von Angehörigen, Alleinerziehende)
  • Bereitschaft sich zu engagieren (unter Berücksichtigung der individuellen Situation)
  • Geschwisterkinder und interne Kinder (bei Wechseln vom Kinderladen in den Hort)

Dadurch haben wir aktuell einen Anteil von Familien mit Migrationsgeschichte, der in etwa dem Nürnberger Durchschnitt entspricht. Zudem bieten wir in beiden Gruppen Plätze für Kinder mit Be_Hinderung an - wir sind gerade dabei den Kinderladen eine integrative Einrichtung umzuwandeln. Das bedeutet, dass wir dauerhaft drei so genannte "Integrativplätze" anbieten und mit qualifiziertem Personal untermauern. Wir sind davon überzeugt, dass davon die ganze Gruppe profitiert.

Jedoch ist die Zugänglichkeit zu guter Betreuung nur ein erster Schritt - ebenso gilt es ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Familien wohl fühlen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten einbringen können. Hierzu gilt es auch eigene Stereotype zu hinterfragen und einen diskriminierungskritischen Raum zu schaffen.

Neben Fortbildungen für unser pädagogisches Team zum Thema Diversität arbeiten wir an verschiedenen Strängen:

  • wir denken Diversität bei Spielmaterialien und Büchern mit (besonders empfehlenswert sind z.B. Bücher des Zuckersüß Verlags, auch gibt es zunehmend Onlineshops; weitere Empfehlungen gibt es hier)
  • wir bieten vegetarisches Essen - so können auch Kinder, die sich halal oder koscher ernähren, in der Regel mitessen.
  • wir versuchen die Mitarbeit von allen Sorgepersonen zu ermöglichen: es gibt Arbeitsgruppen, die auf Englisch arbeiten, ebenso behelfen sich einige Arbeitsgruppen mit Sprachtandems (z.B. russisch), so dass Sprachbarrieren kein Ausschlussgrund sind. Zudem finden viele Arbeitsgruppentreffen hybrid oder online statt, so dass z.B. auch Alleinerziehende teilnehmen können.
  • wir kommunizieren wichtige informationen auf Deutsch und Englisch. Zudem versuchen wir grundsätzlich viel Erklärbarkeit zu leisten (z.B was ist ein Verein, was machen die Arbeitsgruppen)
  • wir experimentieren mit niedrigschwelligen Elternabendformaten wie verschiedensprachigen Worldcafés.
  • wir sind aufgrund der aktuell ungünstigen Zuschusssituation gerade im Hort auf relativ relativ hohe Betreuungsgebühren angewiesen (im Vergleich zu städtischen Einrichtungen). Jedoch informieren wir proaktiv zu Möglichkeiten der Kostenübernahme und Beratungsangeboten. Dadurch haben wir einen hohen Anteil an Familien mit Kostenübernahme durch das Jugendamt.

Zwar haben wir als relativ neue Einrichtung (im dritten Betreuungsjahr) haben wir immer wieder mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen, gleichzeitig hängen wir weniger in festgefahrenen Strukturen fest und können Dinge von Anfang an mitzudenken. Ist das immer einfach? Nein. Klappt es immer? Nein. Aber wir sind auf einem Weg.